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Die Familie Zoller in Braunschweig und Lauffen/N
Anlässlich des Todes meiner Mutter vom 24.09.2010 fand die Trauerfeier am 28.09.2010 in Lauffen am Neckar in der Friedhofskapelle statt. Die Pastorin Stefanie Henger hat das Leben und die Wirkung von Anni Zoller so treffend zusammengefasst, dass ich die Predigt mit leichten Änderungen und Kürzungen als Biografie meiner Mutter übernommem habe. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Frau Pastorin Stefanie Henger
Ein Mensch stirbt und wir werden uns uns schlagartig der Endlichkeit bewusst. Das selbstverständliche vor sich hin Leben und Arbeiten wird unterbrochen. Wir kommen ins Überlegen, was denn nun eigentlich das wirklich Wichtige und Letztgültige im Leben ist.
Wir werden uns bewusst, dass mit dem Tod eines geliebten Menschen alles Fragen nach dem, „wie war das denn damals“ zum Ende gekommen ist und auch alle Auseinandersetzungen, die laufenden und die vielleicht noch dran gewesen wären, sind nicht mehr möglich.
Der Tod beendet das Leben und die Beziehungen. Es bleiben Erinnerungen, schöne und schwere, denen nun nichts mehr hinzugefügt wird. Anni Zoller ist gestorben, ein reiches Leben ging zu Ende, ein Leben voller Warmherzigkeit und Fröhlichkeit, wie in der Traueranzeige ihrer Tochter steht.
So möchte ich über ihr Leben und Sterben auch einen freudigen Vers aus der Bibel stellen: Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat Ps 103,2
Anni Zoller, geb Waschicek, wurde am 29. Mai 1922 in Braunschweig in einfache Verhältnisse hinein geboren. Ihr Vater war Maurermeister und ihre Mutter, die aus Tschechien stammte, arbeitete in der Jutespinnerei, seinerzeit ein Grossunternehmen in Braunschweig. Sie war die einzige Tochter und hatte das Glück von ihren Eltern immer gefördert zu werden. So hatte sie eine unbeschwerte Kindheit, sie turnte, spielte Tennis, lief Schlittschuh, hatte viele Freundinnen, alles, was man eben als Kind gerne tut und sie war immer gut behütet. Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat Ps 103,2
Sie machte eine Ausbildung als Chemielaborantin und arbeitete bei der MIAG Mühlenbaubetrieb, wo zwischen den Mehlproben zur Brotherstellung auch mal Wagneropern gesungen wurden. In der Marmeladenküche der Konservenfabrik ihrer Freundin Gisela und ihres Ehemannes Fritz Pinkepank lernte sie dann Georg Zoller kenne, den Jörgel und meinBester, wie sie immer sagte.
Sie heirateten am 1. April 1944 – ein schönes Fest mitten im Krieg, einer äußerlich scheren Zeit, die sie aber mit ihrem Gemüt des Sonnenkindes gut überstand.
Ob sie ihr Leben damals manchmal mit der Frage nach dem Letztgültigen, nachGott zusammengebracht hat? Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat
Sie freute sich über die Geburt ihres Sohnes Jörg-Detlef, den sie aber, als er mit drei Jahren sehr schwer an Lungentuberkulose erkrankte, lange in die damalige Maschinerie der Behandlungen abgeben musste. Das war bestimmt nicht einfach für die junge Mutter. Ihr Vater Josef Waschicek verstarb am 7.06.1948.
Die Familie wurde dann 8 Jahre später vollständig durch die Geburt der Tochter Dagmar. Anni Zoller strickte viele Pullover für die Kinder, nähte und stickte mit viel Geduld, knüpfte Teppiche, bastelte gerne und entzog sich Diskussionen – „das erklär ich dir mal später…“. Sie stand mitten in der Nacht auf, um für die spät heimgekehrte Tochter samt Freundinnen Spiegeleier zu braten und besetzte auch mal die Taxizentrale des Sohnes. Als Familie gingen Sie früher oft in den Campingurlaub, später entzog sie sich. Mit ihrem Mann genoss sie die Welt des Theaters, der Oper, die Welt der Premieren und die Zugehörigkeit zu den oberen Zehntausend.
Sie hielt ihrem Mann immer den Rücken frei für seine vielen Unternehmungen. Sie genoss es, die Wohnung schön zu machen, ein Ambiente zu schaffen, in dem sie und Gäste sich wohl fühlten. Und sie genoss es, ständig Menschen zu sich einzuladen. Sie kochte in späteren Jahren gut und gerne und Sie werden nicht nur das Zungenragout, die Sülze und die Gehacktesklösse nicht so leicht vergessen. Sie hatte ein einladendes Wesen, freute sich an anderen zuversichtlichen Menschen und - was angesichts ihres pointierten Mannes ein wichtiger Zug für das Zusammenleben war - , sie ging eher nicht in den Konflikt, sondern bemühte sich um eine gute Stimmung. Später gab es da die vielen Reisen in fast alle Teile dieser Welt, die sie sehr freuten und es gab zu allen Zeiten die mehr oder weniger bissigen Hunde.....
Viel Gutes in der Braunschweiger Zeit, wo ihre Mutter bis zum 5.04.1966 in der oberen Wohnung des vom Vater erbauten Hauses wohnte und bis kurz vor ihrem Tod den grossen Garten besorgte.
Und auch dann in der Stuttgarter Zeit, wo sie viel im deutsch-amerikanischen Club unternahmen und die gute Hausgemeinschaft schätzten. Viel Gutes dann wieder in Braunschweig, wo sie gerne im Garten arbeitete. Bunt hatte sie er gerne und freute sich an den Farben der Blumen um sie herum und auch an der Farbe einer schönen Bluse.
Sie half ihrer Tochter immer wieder und gerne war sie vor allem in den ersten beiden Lebensjahren für ihre Enkelin Anna da. Die Omi wurde dann für die Lauffener Enkel noch einmal neu wichtig, als sie 2004 ihr Elternhaus verkaufte und nach Lauffen umzog. Max wurde der willige Gartenhelfer und beide Enkel freuten sich an ihrer liebevollen Art.
Für dich, Arina, war sie immer eher die Oma, die räumlich und menschlich weit weg war. Die Zeit in Lauffen genoss sie noch mal sehr, auch wenn derAnfang nicht leicht war. Sie gewann Bekannte und Freundinnen, unternahm einiges mit und ohne ihre Tochter.
Als ihr Mann 2008 nach 64 Jahren Ehe starb, war das ein schwerer Schlag für sie. Sie erblindete zusehends und in manchem Telefonat hörte man heraus, dass sie sich in Lauffen ziemlich verlassen vorkam. Aber auch da bemühte sie sich nach vorne zu schauen, kaufte sich ein Klavier und nahm Klavierstunden. Dass sie so nahe an der, allerdings auseinander strebenden, Lauffener Familie dran war, freute sie und sie nahm es nie als selbstverständlich, dass man nach ihr schaute, sondern freute sich von Herzen daran. Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat
So schaute sie immer optimistisch in die Zukunft und liess ärgerliches einfach links liegen. Die meisten, die hier sind haben viel Gutes mit Anni Zoller erlebt und schätzten ihre warmherzige und fröhliche Art.
Auch ihrer Herzoperation blickte sie zuversichtlich entgegen – nichts sprach dafür, dass sie sie nicht überstehen würde, aber es war wohl doch zu viel für sie und so starb sie am letzten Donnerstag im Alter von 88 Jahren.
Kommentar: Als bekennender Atheist kann ich dem folgenden, beigefügten Christlichen Ritual natürlich nicht viel abgewinnen. Aber die Story, die zusätzlich folgte ist einfach gut aus dem Leben gegriffen.
Wir glauben, dass der Tod nicht das Ende unseres Lebens ist, sondern dass wir noch etwas erwarten können. Wie es folgende Geschichte beschreibt:
Ein Pfarrer kam zu einer Frau, die im Sterben lang. Da sagte sie zu ihm: „ Ich habe eine Bitte.. „ Ja?“ erwiderte der Pfarrer fragend. „ Ich möchte gerne, dass Sie mir in den Sarg einen kleinen Löffel legen.“ Der Pfarrer stutzte und fragte erstaunt: „Warum denn das?“ „Nun, Sie wissen ja, ich habe es geliebt auf Einladungen zu gehen und Einladungen zu geben, und da war es immer so, wenn jemand sagte: Behaltet den Löffel, dann wusste jeder: Das Beste kommt noch – und genau so erhoffe ich mir jetzt, wenn ich sterbe, dass das Beste noch kommt.“
Schön, wenn man ein solches Gottvertrauen hat, wie diese Frau und die Hoffnung mit alltäglichen Erfahrungen verknüpfen kann.
Gut, wenn man in der Zeit, da man sich der eigenen Endlichkeit bewusst wird und sich von einem geliebten Menschen verabschieden muss, so ein Vertrauen haben kann. Angesichts des Sarges und der Verwesung zu glauben, dass da noch was kommt, ist schon ein starkes Stück. Mit dem Löffel in der Hand darauf zu vertrauen, dass das Beste noch kommt, ist ein starkes Stück Glauben…
Dieses Beste hoffen wir für Anni Zoller und das können wir auch für uns alle hoffen
Im Leben, im Sterben und im Tod. Amen
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