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GEORG WILHELM ZOLLER
Georg Wilhelm Zoller, geboren am 05.05.1913 in Gunzenhausen, ist beinahe 95 Jahre alt geworden und hat ein sehr erfülltes Leben gehabt und hätte noch so gerne seinen 95. Geburtstag gefeiert aber am 16.01.2008 waren auch seine Kräfte zu Ende. Mit ihm stirbt ein Stück Zeitgeschichte aber auch vieles von der Familiengeschichte.
Und wenn man 64 Jahre verheiratet war, wie Anni und Georg Zoller, und so viele gute und manchmal auch schwierige Zeiten miteinander durchgestanden hat, dann stirbt auch ein Teil des eigenen Lebens. Von dem geliebten Menschen Abschied nehmen, loslassen müssen ist etwas vom Schwersten, das wir in unserem Leben lernen müssen – und es verunsichert uns.
Wir fragen uns nun,was war und was wird werden.
Ganz ähnlich der Frage, die der Kämpfer Georg Zoller in den letzten Tagen seiner Krankheit öfter mal gestellt hatte: „Und wie geht’s jetzt weiter?“ Er meinte es wohl auf den Tag bezogen, aber ich will das heute übertragen: Was kommt, wenn es für unsere Augen und Ohren nicht mehr weitergeht? Was kommt, wenn wir gestorben sind?
Auf der Suche nach einem passenden Bibelwort bin ich auf einen Text im Korintherbrief gestoßen: (1.Kor 13,10.12f) Ein Text, der Ihnen für die Trauer Richtung und Trost anbietet:
„Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Wort, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleich wie ich erkannt bin.“
So erinnern wir uns an das erfüllte Leben von Georg Wilhelm Zoller:
Er wurde am 5. Mai 1913 im mittelfränkischen Gunzenhausen als viertes Kind von 7 Geschwistern geboren. Seine Mutter sorgte für ihre Verhältnisse gut für die Kinder. So war seine Kindheit nicht leicht und er war immer sehr stolz darauf, was er selbst daraus gemacht hatte. Wichtig war in dieser Zeit für ihn auch der elterliche Freund und Stadtkantor, mit dem er viele philosophische Diskussionen führte. Er war immer sehr sportlich, was er beim Turnen,Kunstspringen, Skilaufen und später beim Tennisspiel unter Beweis stellte.
1933 trat er in die Wehrmacht ein, da er auf keinen Fall in die Partei wollte. In der Wehrmacht machte er seine verwaltungstechnische Ausbildung und kam, wie er selbst sagte, überall rum.
Am 1. April 1944 heiratete er seine Anni – man kam in der Konservenfabrik Pinkepank in Braunschweig zusammen und feierte die Hochzeit und viele weitere Feste mit den Freunden zusammen. Er war dann zum Kriegsende in kurzer Gefangenschaft und bald als Transportleiter bei den Amerikanern und danach beim Verkehrsdezernat in Würzburg tätig.
Nach mehreren Versetzungsgesuchen kam er wieder nach Braunschweig zu seiner Ehefrau. Für 3 Jahre war er in der Braunschweiger Medizinalverwaltung beschäftigt.
Im April 1946 durfte er sich über die Geburt seines Sohnes Jörg-Detlef freuen.
Im Dezember 1949 wurde ihm dann angeboten, Verwaltungsdirektor des Braunschweiger Staatstheaters zu werden und er sagte gerne zu, weil diese Aufgabe seinen künstlerischen Fähigkeiten entsprach. Es erfüllte ihn mit Freude, ein Mann der ersten Stunde und des Wiederaufbaus zu sein. Die Arbeit im Theater und mit den Theaterleuten war ihm sehr wichtig und er ging ganz in seiner Aufgabe auf.
1954 durfte er sich über die Geburt seine Tochter Dagmar freuen.
In diese Zeit fallen auch die Anfänge seines reichhaltigen ehrenamtlichen Engagements. Er war im Vorstand des Volksgesundheitsvereins Braunschweig, baute das Gesundheitsinstitut mit auf, war Mitglied und dann Vizepräsident im Biochemischen Bund Deutschlands. Außerdem war er Gründungsmitglied und Vorstand im „Bürgerverein am Schwarzen Berge e.V.“ Sehr am Herzen lag ihm auch die „jeunesse musicale“, das Jugendorchester der Stadt Braunschweig. Er war auch hier Gründungsmitglied und konnte durch seine rege Werbung um Spenden und Zuschüsse mit dem Orchester schon in den 60iger Jahren nach Norwegen, Polen, Tschechoslowakei... reisen, was zu der Zeit ein noch ungewöhnlicher Akt der Völkerverständigung war. Dank seines Organisationstalents managte er später auch so manchen Kongress.
1973 ging er mit dem Intendanten Peter Doll als Verwaltungsdirektor an das Staatstheater nach Stuttgart. Eine ereignisreiche freudenvolle Zeit, die er auch wegen der großenTourneen des Ensembles, z.B. nach China und Persien mit Schahbesuch, genossen hat. Und wenn er von dieser Zeit erzählte, leuchteten seine Augen.
1978 ging er dann mit 65 Jahren in den beruflichen „Ruhestand“ und das Paar zog von Stuttgart wieder nach Braunschweig, wo die Wohnung im eigenen Haus nie aufgegeben war. Neben Haus und Garten war die Zeit von seinen Ehrenämtern bestens ausgefüllt. Dazu gründete er noch den Verein zur Förderung des Schultheaters.
1996 bekam er als Anerkennung für seine vielfältige und fruchtbare ehrenamtliche Arbeit das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Er hatte wirklich ein Leben voller Arbeit und voller Erfüllung, und er war immer mit Leib und Seele dabei. Und natürlich gab es auch den Kreis der Freunde, in dem Jörgel, wie Sie ihn nannten, sich sehr wohl fühlte. Es gab die Stunden, die er sich zum Lesen Zeit nahm - bis zuletzt war er literarisch interessiert. Er liebte Wagner und Verdi und genoss es in Konzerte zu gehen. Und er war auch selbst künstlerisch tätig, indem er Aquarelle malte und mit Glas und Ton arbeitete. Zum Ausgleich arbeitete er auch gerne im Garten.
Weil er und seine Ehefrau nacheinander Schlaganfälle erlitten, beschlossen sie 2004 das Haus in Braunschweig zu verkaufen und im Garten der Tochter in Lauffen/N einen Bungalow als Alterssitz zu bauen.
Georg Zoller konnte hart im Nehmen sein. Er wusste, was er wollte und man konnte ihn durchaus auch als dominant bezeichnen. Diese Wesenszüge ermöglichten ihm vieles in Beruf und Ehrenamt. Das bedeutete aber auch, dass es manchmal nicht leicht mit ihm als Familienvater war und eigene Ansichten waren meist schwer durchzusetzen. Er war ein liebevoller aber auch sehr anspruchsvoller Vater, der förderte aber noch mehr forderte, der Distanz wahren konnte und dann auch immer wieder seine Kinder unterstützten konnte.
Und während er im Alltag wenig für die Familie da war, erinnert man sich doch gerne an die schönen und intensiven Urlaubszeiten miteinander. Wichtig war ihm wohl auch die Zeit, als die erste Enkelin Anna bei ihnen aufwuchs während die Tochter studierte und er sich als Opi viel Zeit für sie nahm und er freute sich auch über die Geburt von den beiden Enkeln Max und Arina.
Mit Ihnen, Frau Zoller, ist er viel um die Welt gereist und Sie beide haben in den letzten Jahren von so manchem gezehrt, was sie miteinander unternommen haben. Sie haben ihm immer den Rücken frei gehalten und ihm mit gutem Essen und gepflegtem Ambiente ein offenes gastliches Haus ermöglicht, was er sehr genossen hat.
"Wir haben immer Glück gehabt, es hat sich alles immer wieder hingebogen.“Georg Zoller hat viel Gutes im Leben gehabt – und selbst am Schluss seines Lebens, nach dem Schlaganfall 2002 erholte er sich wieder, er verkraftete den Umzug nach Lauffen, ja freute sich, bei seiner Tochter mit Familie zu sein und auch seine Leidenszeit am Ende des Lebens war kurz.
Für den Theatermann ist der letzte Vorhang gefallen.
Und wohin verabschieden wir ihn?
Um es mit seinen Worten zu sagen: „Und wie geht’s jetzt weiter?“Ja geht es denn überhaupt weiter?
Der Tod setzt einen absoluten und unbarmherzigen Punkt. Unsere Augen sehen nur bis zum Sarg, bis zum Grab. Wir fürchten uns vor der Erfahrung, dass der geliebte Mensch nicht mehr da ist. Die Gespräche, die gemeinsamen Erinnerungen, das gemeinsame Leben hat ein Ende, nichts kann dem mehr hinzugefügt werden. Er wird ihnen schmerzhaft fehlen.
Und wie geht es jetzt weiter?
Menschen haben in der Literatur, in der Kunst und in der Musik ganz verschiedene Worte und Bilder für die Hoffnung auf ein ewiges Leben gefunden
es sei wie eine zweite Geburt in ein anderes Leben, es sei wie ein umfangendes gutes Licht, es sei wie bei der Raupe, die ihre zu enge Haut abwirft und zum Schmetterling wird, es sei wie das Samenkorn, das in der Erde sterben muss, um in ein ganz anderes, neues Leben hinein zu wachsen...
Welches Bild finden Sie für sich selbst für die Hoffnung auf das Leben nachdem Tod? Letztendlich ist es immer so, dass unsere Bilder und unsere Sprache nicht ausreichen, um das zu beschreiben, was jenseits unserer Erfahrung, unserer Wirklichkeit liegt - ...alles ist immer nur eine Annäherung.
Am Ende bleibt die Liebe, sie zeigt uns hier in unserem Leben den Weg und wird dann ganz über uns erstrahlen mit all dem, was wir gelebt und erlebt haben. Das ist unsere christliche Hoffnung. Wir glauben das, weil Jesus den Weg der Liebe gegangen ist, weil seine so oft vergebliche Liebesmüh ihn nicht an der Liebe und seinem Liebesweg zweifeln ließen.
Wie geht’s jetzt weiter?
Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich durch die dunklen Tage hindurch, durch Einsamkeit und Vermissen hindurch von Gott begleitet wissen, dass Sie in der Begleitung durch Menschen und in Gedanken spüren, dass Gott für Sie da ist – wenn auch manchmal wie in einem rätselhaften Spiegel in einem dunklen Wort. Und ich wünsche Ihnen das Vertrauen, dass nicht das Bruchstückhafte und das Rätsel bleiben werden, sondern dass die Vollkommenheit und die Liebe siegen werden.
Wir können dieser Liebesverheissung durch das Sterben hindurch und über den Tod hinaus trauen. Und dieser Liebe vertrauen wir Georg Zoller an und uns alle. Sie ist für uns da, schon hier in Raum und Zeit und auch in Ewigkeit.
Amen
DANK AN PASTORIN STEFANIE HENGER, LAUFFEN/N
Da meine Unterlagen vollständig verbrannt sind und auch von meinen Eltern keine verwertbaren Aufzeichnungen vorhanden waren, bin ich sehr froh, dass ich die beiden Ansprachen anlässlich der Beerdigungen meiner Eltern verwenden durfte, um jeweils eine Biografie für Mutter und Vater zu erstellen.
Herzlichen Dank Jörg-Detlef Zoller
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