DAS LÄDIERTE HERZ

 

Vor und während der Vater-Kind Kur Dez/Jan 2014 waren meine Beine und die Füsse sehr dick angeschwollen. Das war mal wieder Anlass über mein Leben und meine Erkrankung nachzudenken.

 

Anlässlich der Untersuchungen ist mir dann folgende Geschichte wieder eingefallen:

 

In meinen vielen Jahren als kleiner Gebrauchtwagenhändler hatte ich nur zwei richtig lange unverkäufliche Autos.

 

Ein Mercedes 230 vom Typ 123 war in der damaligen Unfarbe Weiss lackiert und sollte etwa 10.000 DM kosten. Da ihn Ende der 90er Jahre niemand kaufen wollte fuhren wir ihn dann über viele Jahre selbst. Später wurde er bei zwei unverschuldeten Unfällen meiner Langzeitgeliebten von den Versicherungen bezahlt und lebt nach meinen Reparaturen heute noch in Kasachstan.

 

Das zweite unverkäufliche Auto war ein BMW 2002 TI, den ich vermutlich Mitte der 80er Jahre von meinem damaligen Versicherungsvertreter ankaufte. Da der BMW längere Zeit völlig unverkäuflich rum stand, nahm ich ihn auch als meinen Privatwagen.

 

Es war eine Zeit schwieriger Geschäfte und vermutlich war ich in dieser Zeit auch ohne feste Beziehung. So kam ich mit einem Bekannten auf die Idee, mal einen Kurztrip nach Italien an die Ligure zu unternehmen. Er war der Sohn meines herzkranken Frührentners, der nachmittags in meinem Betrieb arbeitete.

 

Durch abwechselndes Fahren mit dem schnellen kleinen BMW TI fanden wir uns gegen zwei Uhr Nachts auf der Autostrada hinter Mailand.

 

Der Motor ruckelte, wir erreichten noch einen Parkplatz und das Auto fing an zu brennen. Wir hatte eine Flasche Lambrusco dabei, die aber zum Löschen nicht wirklich taugte. So blieb auf dem menschenleeren Parkplatz im Vorfrühling nur noch Zeit, unser Gepäck auszuladen und in Sicherheit zu bringen. Der TI brannte komplett aus und die Feuerwehr brauchte eine Ewigkeit. Sie konnte dann nur noch das restliche Blechgerippe kühlen.

 

Wie wir zur Polizia Stradale und später in Milano zum Bahnhof kamen, weiss ich nicht mehr. Weil hinterher noch viel mehr Kurioses passierte, kann ich mich aber heute nach über 30 Jahren noch an einige Details erinnern.

 

Im Bahnhof der Grossstadt Mailand war es nicht möglich Fahrkarten für eine Zugfahrt nach Braunschweig zukaufen. Mit Händen und Füssen bekamen wir immerhin Tickets  bis nach München. Im völlig überfüllten Zug nach Norden standen wir dann auf dem Gang eines Waggons wie die Ölsardinen. Eine 2 Liter Flasche Wein machte die stickige Luft im Bahnhof erträglich. Vermutlich so nach einer Stunde Verspätung setzte sich der Zug dann endlich in Gang. Auf dem Weg zum Brenner tranken wir zur Entspannung noch ein Grossfläschchen feinsten Lambruscos weg.

 

Der Zoll der Republik Österreich weckte mich zur Passkontrolle und ich sah mich mit den Pässen allein im Abteil. Mein Beifahrer Rüdiger war verschwunden. Nach der Durchsuchung des gesamten Zuges mit allen Toiletten durch das Bahnpersonal, die Zöllner und mich war klar: Rüdiger war wirklich verschwunden.

 

Die Rückfahrt von der Österreichischen Grenzstation zur Grenzstation am Brenner und eine weitere Suche im Umfeld der letzten italienischen Haltestellen bis Trentino brachte die Erkenntnis: Rüdiger war definitiv verschwunden.          

 

In Braunschweig wurde ich dann Tage nach der Ankunft von der Kriminalpolizei verhaftet und stand auf Antrag der Ehefrau des „Freundes“ unter Mordverdacht. Die Kreuzverhöre waren interessant: „Warum haben sie Tickets nur nach München gekauft, wenn sie in Braunschweig wohnen?“  „Warum haben sie seinen Pass in der Tasche.“

 

Das gute Ende für mich kam dann erst nach ca. drei Monaten. Die Ehefrau erhielt eine knappe Postkarte von Rüdiger. Die Karte kam aus dem Gefängnis von Trentino. Nach etwa einem Jahr wurde er dann entlassen und tauchte wieder bei seiner Familie auf. Schade, er hat uns nie erzählt, was er damals verbockt hatte.

 

Auf der Anreise und in den drei Wochen meiner Kur auf Langeoog hatte ich nun wieder fast ständig mehr oder weniger stark geschwollene Füsse und Beine. Der hervorragende Klinikarzt Dr. Dr. Reimann untersuchte mich und wir waren auf der Suche nach der Ursache. Er fand schliesslich bei mir eine klappernde Herzklappe. Also hatte sich die Herzschwäche verstärkt und das gab Wasser in den Beinen. 

 

Dabei fiel mir dann wieder ein, dass ich nach dem Italienhorrortrip auf der Fahrt abwärts vom Benner nach München ständig dickere Füsse bekommen hatte und schliesslich kaum noch laufen konnte. Ich brauchte einen Extrasitz im Zug zum Hochlegen der stark schmerzenden Füsse. 

 

Etwas ähnliches geschah auch später am Gardasee. Dort hängte ich meine Füsse meditierend ins Wasser und hinterher schwollen sie stark an. Damals hatte ich als Ursache eine Wasserschlange im Verdacht, die mal eben meine Füsse angeknabbert hatte. Das gab dann  einen gehörigen Schrecken und damit war mein Herz überlastet.

 

Die Herzschwäche und die schlechtere Durchblutung meiner rechten Körperhälfte habe ich also nicht erst nach meinem Herzinfarkt im Jahr 2004 bekommen. Ob meine Lungentuberkulose im Alter von drei bis sechs Jahren Auslöser für das schwache Herz war oder umgekehrt, wird sich wohl niemals klären lassen.

 

Jedenfalls dürfte ich richtig gehandelt haben, als ich mich mit 21 Jahren und damit gerade Volljährig sofort selbstständig machte und meinen Körper mit viel Arbeit im Freien, aber immer möglichst selbst bestimmt, fürs Leben fit machte. Bis zu meinem Herzinfarkt war ich gut mit Muskeln bestückt und ganz selten mal ernsthaft krank.  

 

Zur Bestätigung der langjährigen Herzschwäche sind mir inzwischen noch weitere Punkte eingefallen. Richtige Grippe mit hohem Fieber habe ich hauptsächlich in der Kindheit gehabt. Nach Abklingen des Fiebers wurde ich grundsätzlich wieder zur Schule geschickt, obwohl ich mich regelmässig noch schwach und krank fühlte. Meine Eltern haben das nie erkannt. 

 

Nach schweren Erkältungen meist ohne Fieber habe ich auch als Erwachsener viele Wochen gebraucht, um wieder zu Kräften zu kommen. Im vergangenen Jahr hatte ich ca. 3 Monate lang einen schweren Husten. Erst als ich vom 100 Tage Keuchhusten erfuhr, ging ich zur Ärztin. Mit Antibiotika war dann das ohnehin abklingende Problem schnell erledigt.

 

Mein starker Muskelschwund ist jedoch seit der Zeit geblieben, da ich inzwischen ständig gegen irgendwelche Schmerzen ankämpfen muss und der Stress um unsere Existenz einfach nicht zu beenden ist.    

 

 

Am 23.04.1946 wurde die VESPA geboren. Ich bin 4 Tage jünger.